Bebilderte Enthüllungen aus der wiederbelebten Grafschaft Hanau-Münzenberg, Teil 1

Werfen Sie einen oder mehrere ungeschminkte Blicke hinter die Kulissen des neuen Versailles am Main

Fotogeschichtliche Kontrapunktserie Nr. 1 – Die Karussellpsychose

Erzählrunde 1

Erzählrunde 2

Erzählrunde 3

Erzählrunde 4

Fotogeschichtliche Kontrapunktserie Nr. 2 Das Blutgold von El Lago

Erzählrunde 1

Geschichtsbücher berichten uns folgende Ereignisse: Als am 13. August 1521 das einst präch-tige Tenochtitlán, Hauptstadt des Aztekenreiches, nach schweren Kämpfen fiel, geriet dessen letzter König Cuauhtémoc auf der Flucht in spanische Gefangenschaft. Anfänglich von Hernan Cortés ehrenvoll behandelt sowie auch weiterhin aztekischer Herrscher genannt, revidierte dieser allerdings bald seine Meinung. Er ließ ihn foltern, um auf diese Weise an Informationen über den Verbleib jener Reichtümer zu gelangen, welche in der Noche Triste, als die Spanier nur knapp entkamen und dabei viele Männer verloren, abhanden gekommen waren.

Erzählrunde 2

Verständlicherweise sann Herr Tuki Tukan nun, kaum dass er sein neues Urwalddomizil un-freiwillig bezogen hatte, nach Mitteln und Wegen, wie man Hanaus grüner Hölle schleunigst entkommen könnte, um die im Ursprungland unzähliger, in hiesigen Obstabteilungen wohl-sortierter Supermärkte feilgebotener Bananen aufgrund überstürzt eingetretener Ereignisse jäh vereitelten Absichten modifiziert wiederaufleben zu lassen. Bis ihm dazu schließlich im Frühjahr 2015, zwölf Monate nach am Frankfurter Flughafen erfolgter Zwangseinreise ins un-bekannte, fremde Hessenland, zur Zeit der herrlich duftenden Fliederblüte, wenige Wochen nachdem El Desperado den ersten hessischen tropischen Regenwaldwinter bibbernd vor Käl-te miterleben durfte, folgende, nicht anders als von den Musen inspiriert zu nennende Idee kam. Hell blitzenden Streicholzfunken nicht unähnlich.

Erzählrunde 3

Zwei Jahre unerträglich harter Wissenschaftsarbeit strichen ins Land. Zwei Jahre knallhartes Feilschen auf Englisch in wildromantisch geführten Chatgesprächen, als ob sich beide beim Candlelight Dinner verliebt anschmachtend direkt gegenübersäßen, um Lieschen als feuriger Latin Lover berechend davon zu überzeugen, seine gedanklich ausgemalten 500$ seien unter jetzt zwar noch schüchtern Anbandelnden, später jedoch Waikikis palmengesäumten weißen Strand eng umschlungen entlanglaufenden frisch Getrauten preislich angemessen. Obwohl aber die nicht minder abgebrühte, im früheren Job wohl Vollblutauktionarin gewesene Verlob-te zu seinem Verdruss ihn sowie aus allen Herren Ländern Mitbietende per zeitgleich eben-falls von Amor bewegten digitalen Sprechblasen geschäftstüchtig gegeneinander ausspielend den Internetauktionspreis immer höher trieb, erschien El Desperado der für letztlich 250.000$ erhaltene Zuschlag, mit welchem er den nun sicherlich vor Wut bebenden Herrscher des Öl-emirates Fata Morgana endgültig in die Wüste schickte, wie Nichts im Vergleich zur verloc-kenden Aussicht, die achtzehnjährige Blume, Cathy, Tracy, Jamie und Stacie anführend, als erste zu ihm kichernd ins Entspannungsvergnügen pur spendende Nass steigen zu sehen. Die nach erfolgreich getätigter Banküberweisung postwendend im Chat erscheinende, mit zwölf roten Herzchen verzierte Nachricht I love you, Touci Pooh, because you are my 007 Tututututu Touci Pooh!, bewies: Er hatte bei der Damenwelt erwartungsgemäß alles richtig gemacht.

Erzählrunde 4

Nachdem Frankfurts Vorfeldbus den ersten großen Schwung Fluggäste ohne unterwegs er-folgte Blechschäden wohlbehalten zur Position gefahren hatte (was beim vielen Verkehr auf der Rollbahn für Menschen ohne Vorfeldführerschein oft wie wahre Wunder anmutet), flatter-te El Deperado missmutig in Richtung der gerade in vollem Gange abgefertigten Maschine, um sich schnellstmöglich auf seinem urgemütlichen Business Class Fensterplatz niederzulassen. El Diablo beschlich nämlich seit Betreten des Gatebereichs jenes ungute Gefühl, das sonnen-hungrige Urlaubsvolk lehne Lateinamerikas fürchterlichsten Gangster als vollwertigen Mitrei-senden ab. Schon vor Boardingbeginn konnte sich Herr Tuki Tukan des üblen Verdachts nicht erwehren, stattdessen vielmehr für einen vom Veranstalter angeheuerten Bordunterhalter ge-halten zu werden.

Erzählrunde 5

Santo Domingo. Aeropuerto Internacional de las Américas. Crew- sowie Maschinenwechsel. Während die meisten Passagiere hier ihr Ziel endlich erreicht hatten, voller Urlaubsfreude den Hinweisen Salida/Exit folgend der Pass- und Zollkontrolle entgegeneilten, orientierten sich circa dreißig verbliebene Weiterflieger an der Bezeichnung Transit, um nach erneutem obliga- torischem Sicherheitscheck Boardingate A2 zu erreichen. Wie bereits in Frankfurt allen weit voraus, durchflog El Desperado die nachts kurz vor halb vier völlig verwaisten Gänge, immer noch mit diesem dumpfen, unerträglichen Gefühl im Bauch, man denke insgeheim von ihm, er sei im Auftrag des Reiseveranstalters als tropisch-exotischer, stets zum heiteren Scherzen aufgelegter Bordbespaßer mit unterwegs.

Fotogeschichtliche Kontrapunktserie Nr. 3 - Der
Projektausflug (Aus den gedanklichen Memoiren der Fürstäbtissin von Ilbenstadt)

Erzählrunde 1

Erzählrunde 2

Fotogeschichtliche Kontrapunktserie Nr. 4 - Das große Nachspiel zum Projektausflug (Aus den gedanklichen Memoiren der Gräfin von Hanau-Münzenberg)

Erzählrunde 1

Als Bernardette Constanze Amalia Gräfin von Hanau-Münzenberg am 16. Oktober 2019 gegen 09.30 Uhr, ihr brillantbesetztes Smartphone dicht am Ohr, unwirsch vorbei an zwei sich tief verbeugenden Dienern durch die soeben für Ihre Durchlaucht untertänig geöffnete Haupteingangstür von Schloss Philippsruhe hinausmarschierte, ahnte sie, dass dieser Tag, kaum richtig begonnen, bereits unwiderruflich gelaufen war.

Erzählrunde 2

Alessa Marie!“, hörte sich die Gräfin von Hanau-Münzenberg als frühere Frau Kaiser laut ausrufen, während das „Hi, Mami!“ rufende Töchterchen ihr mit zwei für sie jeweils mit dem Notenprädikat 6- ausgezeichneten unangekündigten Physik-Lernkontrollen zur Begrüßung herzlich zuwinkte. „Was musste ich eben gerade wieder von Frau Schmidt am Telefon über dich erfahren? Wieso seid ihr überhaupt schon aus Seligenstadt zurück?“

Alessa Marie schaute erstaunt, wunderte sich wirklich sehr über derart vorwurfsvolle Worte. Warum sollten unschuldig klimpernde Augen irgendwelches Schuldbewusstsein ausdrücken, seit jenem heißen Flirt, den die Dreizehnjährige auf der Rückfahrt mit einem Typen gehabt hatte? Handynummernaustausch inclusive. Längst gehörte da die eigentliche Schulveranstaltung jüngster, lückenlos ausgeblendeter Vergangenheit an.

Schnell musste die vom weiblichen Erziehungsberechtigten barsch Angesprochene allerdings realisieren, dass sie jetzt von aus dieser Zeit stammenden dunklen Schatten unbarmherzig auf der Terrassenrampe eingeholt wurde. „Fräuleinchen! Nur zur Information. In deiner Schule steht das Lehrerzimmer Kopf! Alle sind völlig außer sich über solch grob fahrlässiges Verhalten! Oh, Kind! Wie konntest du es als verantwortungsbewusste Klassensprecherin einem unverschämten Scharlatan und Betrüger gestatten, achtundzwanzig Schüler, zwei Lehrkräfte mit Zweitem Staatsexamen sowie eure neue Referendarin plump übers Ohr zu hauen?“

„Ey, sag mal, was willst du eigentlich von mir??????“, verteidigte sich Trotzköpfchen. „Sind mit dem Zug zurückgefahren. Irgendwelche Tussis aus Aschaffenburg hatten Pascal, Benjamin und Jonathan die Reifen plattgestochen. Außerdem konnten wir doch im Traum nicht ahnen, dass Herr Leier-Kastenmann die Gelegenheit heute gemein ausnutzen würde, um endlich Fräulein Treue-Istweg rumzukriegen. ER hat die ganze Klasse total fies getäuscht und uns um sämtliche hoffnungsfrohen Erwartungen an diesen Projektausflug betrogen. Radeln die zwei einfach davon! Hatten uns soooooooooo sehr auf das Thema ‚Klosterleben im Mittelalter‘ gefreut! Waren echt schon totaaaaaaaaaal gespannt!“

Erzählrunde 3

„Huch!“ Ihre Durchlaucht öffnete weit ihre gedankenversunkenen Augen. Als sei sie über ihre eigenen Worte erschrocken, welche am 10. August 2017 Gelnhausens im prallen Sonnenlicht liegenden Untermarkt aufhorchen ließen. Die Marienkriche im Fokus. Das humpelnde Mädel unerbittlich hinter ich her ziehend. „LOOOS, VORWÄRTS, UNGEZOGENE TOCHTER! ODER WILLST DU ZU SPÄT KOMMEN? AUF, AUF, EIN BISSCHEN BEEILUNG, WENN ICH BITTEN DARF! ALLE ANDEREN SIND BESTIMMT SCHON DA! MACH! DALLI DALLI! TEMPO!“

Erzählrunde 4

„AAAAAAHHH!“ Zehn von Kesselstadts Friedenskirche herüberschwingende Uhrenschläge ris-sen Bernhardette Constanze Amalia ruckartig jäh aus tiefsten Gedanken heraus. Schreck lass nach! Beim Rückblick an jene Ereignisse in Gelnhausen musste des Landesherrn Ehefrau tat-sächlich irgendwann stehend eingenickt sein. Und die Folgen dieses Sekundenschlafes hätten fatal enden können. Doch aufmerksame Hofmamsells vereitelten die Tragödie. Geistesgegen-wärtig herbeigesprungen stemmten sie, Wilhelm Hauffs standhaftem Zinnsoldaten gleichend, mutig ausgestreckte Arme gegen das ansonsten vornüber krachende Turmbauwerk.

„Où…où…où..où…suis-je?“, stotterte la dame du château augenreibend. „Les…les…les bannières sont là?“

Erzählrunde 5

„JETZT SCHLÄGT’S ABER 13!“ Marienkirchens dumpfer dreizehnter Glockenhall katapultierte unausstehlichen Morgenweckern gleichend Bernhardette Constanze Amalia aus süßen Mittel-alterträumen ins Hier und Jetzt zurück. Wahrlich, kein zur Frühschicht lärmendes Weckgerät könnte dermaßen herzlos sein. Ausgerechnet jetzt! Gerade hatte Oberkellnerin Eleonore von Aquitanien das als Beatrix von Burgund und Friedrich Barbarossa gewandete Grafenpaar per Glöckchen um geschätzte Aufmerksamkeit gebeten, den phänomenalen Großmeister, „le plus grand artiste lyrique mondial, le maître Roland de Montpellier lui-même“, angekündigt, ani-mierten südfranzösische Weisen Hanau-Münzenbergs Illusionistin auf dem mit Muschelseide bezogenen Sitzkissen, infolge des Genusses köstlichen Krimsekts leicht beschwipst, zum Mit-klatschen. Verflüchtigt!!! Zerstoben!!! Stattdessen wechselte das Trugbild, hoben unerkärliche, sämtliche physikalischen Schwerkraftgesetze aufhebende Mächte Dennis Kevins strampelnde Holde vom südlichen Kirchplatz empor, über die Westturmspitze hinaus in Gelnhausens Lüfte.

Erzählrunde 6

„Die müsste wohl auch mal driiiiiingendst repariert werden!“, tuschelte Frau Kaisers Mitbüße-rin. Deutlich als drückten sie auf Kesselstadts herbstlichem Schlosshof wie im Sommer 2017 Seit an Seit jene Zuspätkommern exklusiv vorbehaltenen Sitzgelegenheiten. „Wissen Sie, von daher stammt sicher diese Redewendung. Da war irgendwo vor ewig langer Zeit die Kirchuhr kaputt. Ulkig, fin…“

„ENTWEDER BEFÖRDERT MAN DEN SPINNER JETZT AUF DER STELLE HINAUS“, machte ein alter Bekannter erneut auf sich aufmerksam, „ODER WIR TRETEN NOCH HEUTE ALLESAMT AUS DER KIRCHE…AAAAAAAAAAAAAAAAHHHH!!!!! VADE RETRO, SATANA!!!!!

Erzählrunde 7

Epilog 1

„Seht nur, Freundinnen, wie friedlich der Springbrunnen plätschert!“, rief Kammerzofe Yvette aufgedreht schwärmend ihren Arbeitskameradinnen zu, während Veronique, Sylvie und Chan-tal die vor wenigen Sekunden noch in einer emotionalen Anwandlung purster Glücksgefühle akut Taumelnde behutsam stützten. Vom Eingangportal der gräflichen Residenz blickten alle vier quer über den Schlosshof zur Philippstuher Allee. „Oh, mein Gott, oh, mein Gott, dazu jetzt die hellen Glockenschläge von der Friedenskirche! Neun Uhr. Haaach, obwohl uns diese Dinge seit über zwölf Monaten vertaut sind, geht mir dennoch jedes Mal das Herz dabei auf. Über-wältigend, findet ihr nicht?“

Erzählrunde 8

Epilog 2

OH, MEIN GOTT! OH, MEIN GOTT! OH, MEIN GOOOOOTT! SCHAUT MAL, DIE SÜSSEN GÄNSCHEN SIND WIEDER DA!!!!! Hofdame Chantal geriet beim Anblick einer entlang des Mainuferweges grasenden altbekannten Schar sympathischer Wasservögel in höchste Ekstase. UND DAAAA- AAAAAA, SEEEEEEHT NUR, DAAAAAAAAAAAA, DIE VORNE RECHTS WATSCHELT GERADE ZUR PFÜTZE, HAT WOHL VOLL DURST!!!!!!!!!!